MUNGENAST cs GMBH
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MAG. ART. BARBARA MUNGENAST ist mit ihrem Unternehmen seit 1990 im Corporate Design tätig.
Das Corporate Fahion-Label LES DEUX brachte sie bis 1997 mit Partnerin Anne Beck auf den Markt.
Lehrtätigkeiten auf der Kunstuniversität Linz und auf der TU Graz folgten. Schwerpunkte des Unternehmens liegen im Fashiondesign und in der grafischen Mediengestaltung.

Seit 2010 arbeiten Barbara Mungenast und Rainer Stock gemeinsam an Kunst- und Werbekonzepten unter THE MUST.

 

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Barbara Mungenast zur Buchpräsentation von „Mozart – ein ganz normales Wunderkind“

Wien, am 17. August 2007

Schon das Kippbild Mozodil am Cover verrät die Idee des Buches: Nichts ist so wie es auf den ersten Blick scheint, viel mehr ist dahinter: Witz, Phantasie und Herausforderung. „Und da standen die Eltern plötzlich vor einem Krokodil“ erzählte Nicolaus Harnoncourt in einem Interview und meinte den vierjährigen Wolferl, der sein erstes Klavierkonzert niederschrieb. Sein Vater konnte es zwischen den Tintenklecksen kaum lesen, erkannte jedoch seine Richtigkeit und Ordnung, brach in Tränen vor Rührung und Freude aus, gleichzeitig war das Genie des kleinen Sohnes auch beängstigend und befremdend. Das Konzert war viel zu schwer zum spielen, aber Wolfgang versuchte sich langsam, sein Vater konnte die Idee erahnen.


Linkische Schnörksel-Spaghetti führen weiter ins Buch hinein, begleitet von spontanen, derben Reimen im Viersprach-Mischmasch von Mozarts Briefen an seine Familie. „Dreck – dreck! O dreck! – o süßes Wort – dreck! – schmeck! – auch schön! – dreck, schmeck! – dreck! Leck – o charmante! – dreck, leck! – das freüet mich! – dreck, schmeck und leck! Schmeck dreck, und leck dreck! Ich hasse den Erzbischof bis zur raserey, … „Ich winsch eine gute nacht, scheiss ins beth das kracht …“   Der nehmliche Hanswurst, Wolfgang in Teütschland, Amadeo in Italien, „junger Sauschwanz Wolfgang Amadé Rosenkranz“… Das macht Spaß und holt das wundersame Genie auf eine real fassbare Ebene runter, auch für Kids. Mozart war extrem empfänglich für Sprachkompositionen, Wortwitze, Reime, Fremd- und Geheimsprachen. In der holprigen Kutsche war er Monate lang mit seiner Schwester gefangen, den Kindern blieben hauptsächlich Wortspiele – Nintendo gabs noch keins. Insgesamt war Mozart zehn Jahre seines Lebens auf Reisen quer durch Europa.


Das Buch entwickelten wir gemeinsam mit einer Mozart-Ausstellung für Kinder von 6 bis 12 Jahren. Der Succus jedes jungen Lesers, jeder Leserin und seiner Eltern sollte sein: Auch in mir steckt was wundersames, was einzigartiges, das es zu fördern gilt. Die extreme Konzentration und Ausdauer des jungen Wolfgangs mit der er die Musik anging, ist den heutigen Computerkids nicht so fern. Seine Eltern brachten ihn kaum vom Klavier weg ins Bett. Der Sechsjährige brauchte neben seinen extrem konzentrierten Musik- und Lehrstunden genügend körperlichen und seelischen Ausgleich, eben altersgemäßen Umgang: Mit den Nachbarskindern liefen sie um die Wette, spielten verstecken, Blinde Kuh, Fangen, Purzelbaum schlagen, Bockspringen, der Plumpsack geht um, Katze und Maus, Kegel und Kugeln, an Regentagen Rollenspiele Schule und Kaufmann, Turmbauen mit Holzklötzchen und Burgen, Reiter und Soldat, Koch oder Kaufmann, Hanswurst oder sonst ein komischer Kerl. Es gab Schaukeln, Kletterbäume und Spielplätze, Nannerl hatte die Puppe Salome Musch und Wolfgang den Hund Pimperl. Dazu kamen noch einfache Spielmittel, die man von Spaziergängen  und Reisen nach Hause brachte: Zapfen, Kastanien, Muscheln, Schneckenhäuser, Vogelnester, Hufeisen, bunte Steine, Haselstecken. Daraus konnte man leicht Steckenpferde basteln. Kleine Kinder bekamen ausrangierte Tarockkarten zum Spielen, malen und ausschneiden.
Im Schloßpark mit den Fürstenkindern wurde Federball gespielt und Reifenschleudern, in den prunkvollen Räumen Fangenspielen und Verstecken.



Mozarts Fleiß, sein Genie, seinen Witz, seine Vielfältigkeit galt es darzustellen, seinen gekonnten Switch in Parallelwelten, denen wir uns auch heute bedienen. Das „ganz Normale“ am Wunderkind macht Hoffnung in jedem unserer Kinder etwas Wundersames, etwas zu Förderndes zu finden.

Mit der Konzeption des Buches verfolgten wir 3 Ebenen:

1. Das Leben der Mozarts und die professionelle Laufbahn des kleinen Wolfgangs bis zur Jugendlichkeit ( Die Familie, die Reisen, die musikalischen Darbietungen, das Werk)

2. Die Darstellung der Lebensweise im Rokoko  – in welcher Kultur war diese Entwicklung möglich, wie war Mozart eingebettet (Erziehung und Schule, Kleidung und Reinigung, Küche, Stände und Wissenschaft).

3. Das interaktive Angebot zum Basteln, Spielen und Experimentieren um die Zeit besser nachempfinden und verstehen zu können (Spiele, Instrumente, Kreatives und Experimentelles)

Das Spannungspotential zwischen dieser Welt und unserer von heute verstärkt sich durch die originale Bilderwelt des Barock und der comichaften Sprache von heute.
Ich wollte die Kraft der Alten Meister, ihre Detailgenauigkeit in der Darstellung des Alltags, aber auch ihre ästhetisch idealisierte Verzerrung der Realität im Sinne des Verständnisses der Zeit damals nützen und damit die Rokokozeit und Umgebung Mozarts in damaliger „Echtzeit“ transportieren. Gleichzeitig ging es mir die heere Aura der schweren Originalschinken, ihre oftmals bedrückende Ernsthaftigkeit zu brechen und ihre wiederum comichafte Überzeichnung spürbar werden zu lassen. Locker und assoziativ setzte ich Laubes Texte wie Buddes Illustrationen eng dazu oder direkt darüber. Dazwischen trockene vektorisierte Arbeitsanleitungen und die  Schrift- und Bildsprache spielerisch ineinander rinnen zu lassen.  Mir ging es um eine Gleichzeitigkeit der Welten, um ein mögliches hin und her Switchen zwischen den Zeiten, Räumen, Phantasien und Anforderungen.

Der gesamte Umgang mit der x-mal wiederholten Wundergeschichte war hier ein sehr kindlicher, ich war von der Lebensweise der Mozarts so begeistert, die waren im Vergleich zu unserer Lebensweise heut so schräg anders, waren so besessen von ihrer Idee und Kraft, von ihrer Überzeugung als Wunderkinder, als freie Künstler, als echte Europäer leben zu können diese Power musste man nur nehmen wie sie ist, niederschreiben und niederzeichnen.

Das gesamte Buch war für mich wie ein Puzzlespiel, das sich erst am Ende zu einem verständlichen Bild zusammenfügte. Somit blieb die Spannung durchgängig in der Arbeit erhalten und diese Energie meine ich, bleibt auch im Druckprodukt spürbar.

Die Spiele und Experimente im Buch entstanden im ganz engen Schulterschluß mit der Geschichte der Mozarts und ihrer Zeit. Großes Augenmerk legte ich auf sehr simple Materialanforderungen, da auch dies zur Autenthizität gehört. Die Mozartkinder spielten auch mit Steinen, Zapfen und Dingen des Hausrats – Kleinigkeiten, die sie sogar auf Reisen mit hatten. Musikinstrumente aus Streichholzschachteln, Kistchen, Gummiringe, Lineal, Klebeband und Gläser mit Wasser sind allerorts verfügbar. Auf Reisen muss man häufig kurzfristig auf alles verzichten und Wortspiele bleiben die einzige Erlösung. Tempelhupfen, Stelzengehen und Steindl werfen hat jeder schon selbst gespielt. Gemeinschaftsspiele wie Wadenmessen, einander blind erkennen und Theatervorführungen mit Schattenrissen sind bei Partys oder sogar Hochzeiten sehr beliebt. Zu Geheimtinte und eigenen Sprachcodes musste schon so mancher junger Verliebter – aus Angst vor Mitschülern oder Eltern – greifen. Schminken und Verkleiden beschränkt sich zwar zumeist bei uns auf den Fasching, kleine Mädchen zermantschen jedoch das ganze Jahr über gerne Mutters teure Schminkfarben. Dass uns bei Schnupfen kein Essen schmeckt und der Geschmacksinn nicht im Bauch wohnt ist auch schon den meisten aufgefallen, und Experimente mit Feuer und Wasser sind für jedes Kind eine Attraktion. Noch mit vierzig erfüllt mich jeder Regenbogen mit Bewunderung und Freude, Physik und Barometer, Magnetismus und das Vakuum verstehe ich zwar irgendwie, bleiben jedoch für mich heute wie früher in der Physikstunde irgendwie ein Rätsel. Die Spiele von damals wie heute sind sich sehr nahe, die Bedürfnisse der Kinder haben sich nicht geändert nur die Möglichkeiten und technologischen Ausformungen sind vielfältiger und komplizierter geworden.

So einfach, so simpel für uns viele Kinderspiele der Mozarts wirken, so armselig ist im Vergleich unser Bekleidung, Färbigkeit und Oberfläche.